Breitrandschildkröte (Testudo marginata)
und andere mediterrane Landschildkröten wie Testudo hermanni und Testudo graeca
Kurzes Aufzuchtschema
Wichtiger Hinweis: Seit 2014 habe ich die Zucht stark eingeschränkt, sodass momentan KEINE Jungtiere abgegeben werden können.
Behälter
Aquarium mit 60-90 cm Länge, zu 2 Dritteln abdecken, UV-haltiger Spotstrahler 60-80 W, Rindenhumus oder Pinienrinde als Bodengrund, flaches Trinkgefäß, kleine Heizmatte nützlich, Futterschale oder Steinplatte (dient auch der Krallenabnutzung).
Nach 1-2 Jahren ist die Zimmerhaltung beendet und man benötigt Balkon, Terrasse oder am besten einen Garten. Ausführlichere Tipps in den Fachbüchern!
Die Tiere werden über 30 cm lang.
Standort
Keine starke Besonnung wegen Überhitzungsgefahr des Aquariums.
Bodengrund
Rindenhumus, feucht gehalten, 5-10 cm hoch (keinen Sand, Kies, Rindenmulch, Torf, Erde oder Kleintierstreu nehmen!).
Wärmequelle
Spotstrahler (40-) 60 Watt, z.B. Osram Concentra, auch Halogenstrahler, bevorzugt auch UV-Strahler (z.B. Osram Ultra-Vitalux für kurzzeitige Intensivbestrahlung aus etwa 1m Entfernung von oben, 2x pro Woche), flexible Klemmfassung (keine Aquarienabdeckungen benutzen, kein Infrarotlicht), 12-14 Stunden Brenndauer pro Tag.
Temperaturen: 30-35° C. unterm Strahler, 20-22° C. auf der Gegenseite.
Aktivität
Mehr als die Hälfte des Tages ruhen die Tiere eingegraben im Bodensubstrat, wo sie sich sicher fühlen und Feuchtigkeit über die Haut aufnehmen können.
Ständig umherwandernde und unruhige Tiere weisen auf nicht artgerechte Haltung bei eventuell zu hohen Temperaturen hin. Früh zusammengewöhnte, gleichaltrige Tiere sind meist friedlich und gesellig.
Ernährung
Wildkräuter, Wiesenheu, Heucobs (Agrobs)
Positiv: Löwenzahn, Feldsalat, Wegerich, Brennnesseln, Wiesensalbei, Wiesenstorchschnabel, Gänseblümchen, Vogelmiere, Gänsedistel; im Winter Endiviensalat, geschabte Karotten, Äpfel und Gemüseblätter.
Negativ: Bananen, Tomaten (zuviel Oxalsäure und Phosphor), Obst (zuviel Zucker, zu wenig Ballast und Mineralien), Kopfsalat, andere Treibhaussalate, gekochte Nahrungsmittel, Teigwaren, Hunde- und Katzenfutter, usw.
Allgemein: Hohe Zellulose- (Faser-) Gehalte und geringe Eiweißgehalte sind sehr wichtig, sowie ein Calcium-Phosphor-Verhältnis von 1:1 bis 3:1, wie es in den positiv bewerteten Pflanzen durchweg vorhanden ist.
Achten Sie unbedingt auf biologische, d.h. chemisch unbehandelte Produkte!
Ein Überfressen ist aufgrund des geringen Energiegehaltes und hohen Ballaststoffgehaltes dieser Pflanzen kaum möglich.
Zusatzpräparate
Sehr zurückhaltend einzusetzen. Jedoch „Korvimin ZVT für Reptilien“ (nur vom Tierarzt) pro Woche 2-3 mal leicht auf die befeuchteten Blätter aufstreuen, zerbröckelte Sepiastückchen zur freien Aufnahme (dienen auch der Schnabelabnutzung).
Vitaminpräparate sind nicht zuträglich, auch nicht die bei Tierärzten beliebten „Aufbau–Vitaminspritzen“ mit folgenschweren Schädigungen der Tiere.
Wachstum
Körpergewicht nach 1 Jahr von 80-150 Gramm nicht wesentlich überschreiten (evtl. gegensteuern mit energiearmer Kost, Fastentag, Temperaturreduktion).
Pflegemaßnahmen
Bodengrundwechsel nach Bedarf, Befeuchten, täglich 1-2-malige Fütterung, tägliches Baden der Jungtiere im ersten Jahr für ca. 20-30 min, Wiegen, genaues Beobachten (Krallenschneiden, Einölen und Entwurmen ohne konkreten Parasitennachweis sind zu unterlassen).
Kotbeschaffenheit
Dunkel, geformt, nicht schmierig, nicht flüssig, geruchsarm.
Geringer Harnsäureanteil als weiße Substanz sichtbar im Urin.
Freilandhaltung
Im ersten Sommer nur in den warmen Monaten; kleine übergitterte Anlage mit ca. 1 qm (z.B. Kindersandkasten als Bausatz), teilweise überdachen, Schutzhäuschen; ggf. Strahler installieren (nur vom Fachmann!!!), später erweitern als vollsonnige, gut strukturierte Freilandanlage mit Schutzhaus und Schattenplätzen.
Überwinterung
Im ersten Winter m.E. entbehrlich; im zweiten Winter für 6-8 Wochen, im dritten Winter 3-4 Monate, später sogar 5 Monate; ideal wäre Gewölbekeller mit 4-8° C. und gewisser Grundfeuchte; alternativ Kühlschranküberwinterung in moosgefüllten oder schaumgummibestückten Plastikdosen mit Lochdeckeln möglich.
Alle 2-3 Tage Türe kurz öffnen. Temperaturkontrollen: 4° C. sind korrekt. Bitte einschlägig informieren!
Die Vorbereitung erfolgt durch allmähliche Licht- und Wärmereduzierung, keinerlei Füttern; häufiges lauwarmes Baden bis zur völligen Darmentleerung meist über 14 Tage hinweg erforderlich. Das Aufwecken im Frühjahr entsprechend gegenläufig, aber kürzer.
Verboten sind warm-trockene Heizkeller mit Temperaturen von meist deutlich über 10° C.!
Ebenso unzulässig sind Garagen und schlecht isolierte Dachböden mit erfahrungsgemäß hohem Frost- und Austrocknungsrisiko!
Bei Mäuse- und Rattengefahr Kisten gut vergittern! Auf Rindenhumus basierend trockenes Laub, leicht befeuchtetes Moos, auch Eierkartons in die Kisten füllen, nicht jedoch luftdicht abschließen, nur abdecken.
Mit Gefühl gelegentlich etwas Wasser verteilen oder besprühen, nie ganz austrocknen lassen. Tiere alle vier Wochen vorsichtig auf Atemgeräusche und Schleim auf der Nase, saubere Augen, rosa Haut und rosa Panzerunterseite kontrollieren. Ggf. Wiegen.
Geschlecht der Jungtiere
Bei mir werden in speziellen Brutapparaten mit einiger Wahrscheinlichkeit aber OHNE Garantie Männchen bei etwa 28° C. konstanter Inkubationstemperatur ausgebrütet, Weibchen bei ca. 32,5° C.
Vorhergehende ausführliche Beratung vor der Abgabe ist unbedingte Voraussetzung. Nur Selbstabholung!
Die Tiere werden dafür sofort nummeriert und fotografiert. Sichtbare Geschlechtsunterschiede sind meist erst nach 5-8 Jahren erkennbar, Männchen am viel längeren und meist umgelegten Schwanz, bald danach tritt auch die Geschlechtsreife ein.
Gruppengröße
Keinesfalls Einzelhaltung (!), ideal sind Pärchen oder Gruppen mit 1 Männchen und 2-4 Weibchen bei ausreichend Platz, am besten blutsfremd für spätere Zucht.
Denken Sie daran, dass diese Tiere in der Natur vom Aussterben bedroht sind, und dass eine Haltung in Menschenhand nur unter dem Aspekt der Arterhaltung durch Zucht gerechtfertigt ist.
Papiere
Alle meine nachgezüchteten Tiere besitzen die erforderlichen Dokumente mit Fotodokumentation der Ober- und Unterseite, und Freistellung vom Vermarktungsverbot.
Die Fotos müssen in gewissen Abständen aktualisiert werden.
Literatur
Sehr gute Darstellungen über Herkunftsgebiete, natürliche Lebensweise, Haltung, Zucht, Ernährung und Erkrankungen mediterraner Landschildkröten gibt es inzwischen u.a. von folgenden Autoren im Buchhandel:
Dennert(++), Eggenschwiler(++), Kirsche(+), Nöllert, Praschag, Wegehaupt(++), Zirngibl(+), T. Geyer (++), B. Wolff (Lexikalisch v.a. für Anfänger ++).
++ = hervorragendes Spezialwerk zu Ernährung, Krankheiten oder Naturlebensräumen
+ = hervorragendes Allgemeinwerk vom Praktiker/Züchter
Haftungsausschluss
Diese kurzen Hinweise erfolgen nach bestem derzeitigen Wissen ohne Gewähr und ersetzen kein Studium der Fachliteratur oder eine persönliche Beratung, die ich gerne jederzeit gebe!
Meine Erfahrungen basieren auf über 20 Jahren regelmäßiger Zucht und Haltung.
Misserfolge in der Aufzucht sind dann sehr selten, etwaige Probleme können jedoch von mir nicht verantwortet werden.
Bei artgerechter Haltung treten Verluste in weniger als 1% auf.
Die Lebenserwartung beträgt ca. 100 Jahre.
Viel Freude an diesen urtümlichen und faszinierenden Tieren!
Infoblatt erstellt von Wolfgang Hemmer, weitere Informationen gerne auf Anfrage.
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